Autorenleben
Storytelling: Archetypen nutzen
In vielen spannenden und erfolgreichen Geschichten, Mythen und Sagen tauchen immer wieder archetypische Symbole auf, wie Ungeheuer, Drachen, Geister, Hexen, Alte Weise usw.. Diese Archetypen sind universell verständliche Figuren, mit denen wir uns sofort identifizieren, weil wir ihre Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale wiedererkennen.
Archetypen können im Rahmen des Content Marketings eingesetzt werden, um emotionale Geschichten zu erzählen, die Vertrauen und Sympathie erzeugen.
Was genau sind Archetypen?
Archetypen sind Urbilder oder Persönlichkeitsmerkmale, die mit bestimmten Emotionen und Eigenschaften verknüpft sind und sich im Denken, Fühlen und Verhalten widerspiegeln. Jeder Mensch kombiniert in sich mehrere Archetypen, die fließend ineinander übergehen und ihn unterschiedlich beeinflussen. Eine eindeutige Zuordnung fällt mangels dieser klaren Abgrenzung nicht immer leicht, zumal die Archetypen sich auch weiterentwickeln können. Oft treten sie in Zeiten eines Identitätswandels eines Menschen auf.
Das Konzept der Archetypen stammt von dem Psychologen C. G. Jung, einem Schüler von Sigmund Freud. Nach ihm sind die Archetypen im kollektiven Unbewussten angelegt uns stehen jeweils für eine symbolische Figur. Diese Urmuster der Menschen stimmen weltweit in allen Kulturen überein.
»Die inneren Erscheinungen sind es, die ich als Archetypen bezeichne. Ihren Ursprung kennt man nicht; sie tauchen jederzeit auf, überall in der Welt.« (C. G. Jung, Der Mensch und seine Symbole)
Wie viele Archetypen gibt es?
Je nach Interpretationsrichtung lassen sich unterschiedlich viele Archetypen unterscheiden. Manchmal ist die Rede von 12 oder 7 oder 4. Dabei stellt jeder Archetyp ein allgemeines Muster dar, das sich in vielen unterschiedlichen Formen ausdrückt (Tierkreiszeichen, Elementlehre, Enneagramm etc.).
Archetypen können sich konstruktiv aber auch destruktiv zeigen. Sie gehen jeweils sowohl mit Licht- als auch Schattenanteilen der Persönlichkeit einher.
Die 12 meistgenannten Archetypen nach C. G. Jung
DER HELD / DER KÄMPFER
Der Held ist stark, mutig und hilfsbereit. Er stellt sich Herausforderungen und gibt niemals auf. Er beschützt Gutes und bekämpft Böses.
DER MAGIER
Der Magier symbolisiert Macht und Intelligenz. Er macht Dinge möglich, die andere für unmöglich halten. Er ist ein Visionär, der die Regeln des Universums verstehen und die Welt zum Guten verwandeln will. Dabei wächst und verändert er sich ununterbrochen.
DER WEISE / DER MENTOR
Dem Weisen geht es vor allem um die Wahrheit. Er steht für Wissen, handelt richtungsweisend und ist in Geschichten oftmals als Mentor anzutreffen, der seine Erfahrungen weitergibt. Der Weise ist nachdenklich und nutzt seine analytischen Fähigkeiten, um die Welt zu erkennen und zu verstehen.
DER NARR
Der Narr sucht das Vergnügen und will das Leben genießen. Er nimmt sich nie ernst und lacht gern über sich selbst. Dem Narren ist die Sympathie anderer Menschen wichtig, deshalb unterhält er andere mit seinem Witz und Humor. Er neigt dazu, die Fassade anderer Menschen einzureißen und entlarvt deren Ego.
DER UNSCHULDIGE
Der Unschuldige sieht in allem das Gute. Er ist neugierig, spontan und optimistisch aber auch kindlich naiv. Er möchte sich in seinem Umfeld wohlfühlen und anderen Menschen gefallen, um das Gefühl zu bekommen, dazuzugehören. Seine wichtigsten Werte sind Glück und Vertrauen.
DER HERRSCHER / DER KÖNIG
Er steht für mächtige Autorität, Stärke, Respekt und Disziplin.
Der Herrscher strebt nach Kontrolle und Macht, versucht beides aber für Gutes zu nutzen. Ein hohes Verantwortungsbewusstsein und das Bedürfnis nach Sicherheit zeichnen ihn aus. Er ist standfest und sieht sich als denjenigen, der die Führung übernehmen sollte, um positive Veränderungen herbeizuführen.
Ins Negative umgekehrt, tritt er stark kontrollsüchtig in Erscheinung.
DER ENTDECKER
Der Entdecker muss hinaus in die Welt und ist stets offen für ein neues Abenteuer. Er geht auf Reisen und liebt, neue Dinge auszuprobieren und mehr (über sich selbst) zu erfahren. Der Entdecker legt großen Wert auf Unabhängigkeit und möchte ein erfülltes Leben führen. Dazu sucht er immer wieder nach neuen Wegen und Möglichkeiten, manchmal zu perfektionistisch, weshalb er selten zufrieden ist.
DER BESCHÜTZER / DER FÜRSORGLICHE
Der Beschützer kümmert sich fürsorglich und einfühlsam um andere. Er will helfen und unterstützen und andere vor Schaden bewahren. Damit stellt er einen Aspekt des Mutter-Archetyps dar. Denn die Mutter ist die Quelle von Liebe, Nahrung und Sicherheit.
Schlägt dieses archetypische Bild ins Negative um, wirkt es sehr einnehmend und geradezu verschlingend.
DER SCHÖPFER
Der Schöpfer ist kreativ und einfallsreich. Er will die Dinge verändern und Neues erschaffen. Er ist ein Erfinder, Erbauer und Künstler mit einer Vision, die er zum Leben erwecken will.
DER REBELL
Das Motto des Rebellen lautet »Regeln sind dazu da, um gebrochen zu werden«. Der Rebell lässt sich nicht in soziale Muster pressen, er widersetzt sich, provoziert, überschreitet immer wieder Grenzen und leitet Revolutionen ein. Er will sich und die Welt verändern, wobei sein Vorgehen oft radikal ist.
DER JEDERMANN
Der Jedermann ist bodenständig, unauffällig und zuverlässig. Er passt sich seinem Umfeld an und ist ein loyaler Begleiter.
DER LIEBENDE
Der Liebende ist leidenschaftlich und verführerisch. Er gibt anderen das Gefühl, einzigartig zu sein und vermittelt Geborgenheit und Nähe.
Das Konzept der 4 Archetypen
DAS SELBST
Das Selbst stellt den Archetypen aller Archetypen dar. Die Vereinheitlichung der menschlichen Psyche und das Ganze, nach dem wir streben.
ANIMA UND ANIMUS
Die Anima ist der weibliche Anteil in der männlichen Psyche. Symbolisiert wird er oft durch die Mutter, die Beschützerin, die Fee, Prinzessin oder Nymphe.
Der Animus stellt den männliche Part in der weiblichen Psyche dar. Er wird oft durch den Magier, den Helden oder den Prinzen symbolisiert.
DER SCHATTEN
Der Schatten umfasst unbewusste Teile unserer Persönlichkeit, die der eigenen Vorstellung von uns widersprechen. Er wirkt bedrohlich und furchterregend. Der Schatten wird häufig als Feind, Rivale, Dämon und Widersacher dargestellt.
Beispiele sind Dr. Jekyll und Mr. Hyde oder die böse Stiefmutter in Schneewittchen.
DIE PERSONA
Die Persona ist die Maske, die wir der Außenwelt von uns zeigen und die sich den sozialen Erwartungen und Normen anpasst. Es ist das Bild, das andere von uns sehen sollen.
Archetypen in der Heldenreise
Die folgenden 7 Archetypen treten am häufigsten in der Heldenreise auf. Ihre jeweilige Funktion zu kennen, hilft, den Prozess besser zu verstehen:
HELD
Die zentrale Funktion des Helden ist die Entwicklung seines Charakters.
MENTOR
Er motiviert den Helden und hilft ihm bei der Überwindung seiner Angst.
SCHWELLENHÜTER
Schwellenhüter treten auf die Bildfläche, wenn der Held einen (weiteren) Schritt in die neue Welt machen will. Ihre Funktion ist, zu prüfen, ob der Held tatsächlich schon so weit ist.
HEROLD
Der Herold überbringt den Ruf zum Abenteuer. Er kündigt Herausforderungen und Wandlungen an.
GESTALTWANDLER
Der Gestaltwandler führt den Helden in die Irre und schürt Zweifel in ihm.
SCHATTEN
Der Schatten spiegelt das, was der Held selbst nicht von sich sehen will und was er verdrängt hat. Es sind die Aspekte, die er in seine Persönlichkeit integrieren muss, um Heilung zu erfahren.
TRICKSTER
Der Trickster ist der komische Begleiter des Helden, der innerhalb der Spannungskurve der Geschichte für Entspannung sorgt. Er wirkt oft als Katalysator und verändert den Helden und andere Figuren, ohne sich dabei selbst zu verändern.
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Die Archetypen für deine Romanfiguren nutzen
Wenn du dich nun beim Schreiben deines Romans an den Archetypen orientierst und prüfst, welche »Rollen« in deiner Geschichte besetzt werden können, gewinnen deine Figuren an Tiefe und werden greifbarer.
Die Kunst liegt nämlich darin, deinen Charakteren trotz ihres jeweiligen archetypischen Ursprungs jeweils individuelle Eigenschaften zu verleihen, die für überraschende Wendungen sorgen und die Geschichte dadurch zu mehr Leben erwecken. Beispielsweise kannst du die Erwartungen deiner Leser im Hinblick auf die archetypischen Stärken und Schwächen deiner Figur in manchen Aspekten erfüllen und in anderen ganz bewusst widerlegen. So werden deine Figuren dreidimensional.